Wirtschaftlichkeit des Neubaugebietes Rennäcker

Zusammenfassung

  • Da angedachte Neubaugebiet bedeutet für die Kommune in allein 25 Jahren ein Verlust von ca. 9 Mio. Euro
  • 50 Grundstückseigentümer verdienen ca. 20 Mio. Euro
  • Fraglich ist, ob die Kommune gegen Gesetze verstößt, da z.B. § 77 GemO von einer Verpflichtung zu wirtschaftlichem und sparsamen Handeln spricht
  • Das Potential in bestehenden Ortsgrenzen (Verdichtung, Aufstockung) wurde nie intensiv mit Gutachten untersucht
  • Die Gewinne aus den Grundstücksverkäufen gehen nur an die Eigentümer, ggf. steuerfrei (ca. 20 Mio. Euro)
  • Die Verluste trägt die Allgemeinheit (in 25 Jahren ca. 9 Mio. Euro)
  • Es gibt Alternativen, z.B. das Münchener Modell der sozial gerechten Bodennutzung. Hier müssen 70% des Gewinns für soziale Zwecke zur Verfügung gestellt werden
  • Eigentümer, die an das Neubaugebiet grenzen, müssen ggf. mit Wertverlusten rechnen (bisher unverbaute Sicht, ruhige Lage; demnächst mehr Verkehr und verbaute Sicht)

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Erste Analysen zeigen, daß das angedachte Areal einen Gesamtverlust von ca. 9 Mio. Euro in 25 Jahren bedeutet (siehe Anhang). Wesentliche Kostentreiber sind
Rückstellungen für den nachhaltigen Erhalt der Infrastruktur, höhere Kosten in der Verwaltung und negative Effekte, welche aus dem kommunalen Finanzausgleich
resultieren. Es ist bei der derzeitigen Haushaltslage fraglich, wie die Kommune neben den anderen Investitionen dies verkraften will. Flächenerweiterungen
außerhalb der bestehenden Ortsgrenzen rechnen sich nicht, das zeigen nahezu alle wissenschaftlichen Untersuchungen und Publikationen.


Beispiel Sterzwinkel – fehlende Rückstellungen zum Erhalt der Infrastruktur in Millionenhöhe

Allein im Sterzwinkel beträgt der Verlust gem. Gutachten ca. 300 Tsd. Euro p.a., die Rückstellungen für den Erhalt der Infrastruktur, welche die Kommune selbst errechnet
hat (80 Tsd. € p.a.) fehlen seit Jahren. Es fehlen allein in dem Areal inzwischen über eine Millionen Euro, wenn in Zukunft dort die Infrastruktur erneuert werden muß.
Das geht zu Lasten zukünftiger Haushalte und Generationen.

Verstößt die Gemeinde gegen Gesetze?

Es sei darauf hingewiesen, daß die Gemeinde verpflichtet ist, wirtschaftlich und sparsam zu handeln (§ 77 GemO).(1)  Insofern stellt sich hier die Frage, ob alle Mittel
ausgenutzt worden sind, so z.B. um eine Innenverdichtung konkret zu analysieren. Ein Gutachten, welches die Potential konkret benennt und analysiert, welche
Möglichkeiten es gibt (z.B. durch Überbauung von Parkplätzen bei Sportstätten und Einkaufsmärkten, Aufstockung und Nutzung von gemeindeeigenen Grund und Boden), fehlt.
Es sei auf die Studie von Prof. Dr. Tichelmann hingewiesen (Deutschlandstudie 2019), die ein Gesamtpotential von bis zu 2,7 Mio. Wohnungen in unserem Land kalkuliert hat.
Eine Empfehlung, mit dem Lehrstuhl in Kontakt zu treten, um allein in Hirschberg einmal konkret ein Gutachten zu erstellen, wurde bis dato immer von der Verwaltung ignoriert.

Auch ist die Kommune per Gesetz dazu verpflichtet, eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchzuführen, gem. §12, Abs. 1 GemHVO.(2) Es gehen hier allerdings in der Literatur
die Meinungen auseinander. Konkret betrachtet ist ein Neubaugebiet eine Investition bzw. die dort getätigte Ausgabe in Infrastruktur. Ein Wirtschaftlichkeitsvergleich zu
einer Innenverdichtung fehlt; das heißt konkret, es müßte zunächst das Innenverdichtungspotential (z.B. durch eine analoge Studie wie von Prof. Dr. Tichelmann) errechnet
werden. Da hier die Infrastruktur schon besteht oder aber marginal angepasst werden müsste, ist die Wirtschaftlichkeit dabei wahrscheinlich wesentlich besser
als eine neue Infrastruktur, die bei einer Flächenexpansion entwickelt werden müsste. So lange hier kein Vergleich vorgenommen wird, besteht vermutlich ein Verstoß
gegen das Gesetz, da die wirtschaftlichste Betrachtung nicht erstellt werden kann. 

50 Eigentümer verdienen ca. 20 Mio. Euro, die Gemeinde trägt die Kosten und Verluste

Grob betrachtet würden in dem Areal 50 Eigentümer ca. 20 Mio. Euro Einnahmen generieren durch die Grundstücksverkäufe. Die Bürger finanzieren dies pro Person über 25 Jahre
mit jeweils ca. 1.000.-. Anders ausgedrückt: Jeder Bürger 
von Hirschberg beteiligt sich unbewußt an einem Vermögenszuwachs von 50 Eigentümern. Es stellt sich somit
auch die Frage der sozialen Gerechtigkeit im 
Ort.

Mit dem Münchner Modell der sozial gerechten Bodennutzung hätte/könnte die Gemeinde Millionen einnehmen (können)

Es hätte ein anderes Modell gewählt werden könne, so z.B. das Modell wie in München (Münchner Modell der sozial gerechten Wohnungsnutzung(3)).
Analog München würde die Kommune bei z.B. 60% des Gewinns durch die Grundstücksverkäufe den Eigentümern nehmen und für soziale Projekte nutzen. Das
wäre bei ca. 20 Mio. Euro ca. 12,2 Mio. Euro für die Kommune. Damit wäre z.B. ein großer Teil der Investition in die Renovierung der Sporthalle gedeckt oder
aber es könnten Finanzierungen für Kindergärten, Schulen und sozialem Wohnungsbau damit durchgeführt werden. Bis dato hat die Kommune diese Alternative ignoriert
bzw. noch nicht einmal angedacht, sich intensiv damit zu beschäftigen. Und das bei steigenden Schulden und immer enger werdenden Handlungsspielräumen im
Haushalt. Es ist unverständlich, warum derartige Potentiale nicht genutzt werden. Auch hier stellt sich die Frage der sozialen Gerechtigkeit, denn die Schulden werden
sozialisiert aber die Gewinne der Grundstückseigentümer individualisiert (es kann davon ausgegangen werden, daß die Gewinne aus dem Verkauf der Grundstücke
überwiegend steuerfrei sind).

Wertminderung bei angrenzenden Eigentum?

Die anliegenden Einwohner müssen sich bewußt sein, daß ihnen derzeit ein unverbauter Raum eine gewisse Wohnqualität liefert und auch der Immobilie einen Wert generiert. Durch Verbauung von Sicht und wachsenden Bedarf an Parkraum und mehr Verkehr wird eine gewisse Wertminderung sich einstellen. Das kann bei zukünftigen Entscheidungen für diese Eigentümer von Nachteil sein.

Neubaugebiet Rennäcker – Quelle: MORO (modifiziert)

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(1)Siehe auch § 1 a BauG: 1 Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; (….)
(2) siehe
§ 12 GemHVO Investitionen
(1) Bevor Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung beschlossen werden, soll unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich unter Einbeziehung der Folgekosten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt werden.