Information der Bürgerschaft
Zusammenfassung
- Die Information, die bisher an die Bürgerschaft herangetragen wurde bzgl. des Neubaugebietes, ist als wenig umfassend und transparent anzusehen
- Bei der Bedarfsermittlung wurden Leerstände ignoriert, ebenso Potentiale durch Überbauung und Nutzung von bestehenden Freiflächen
- Die Untersuchung wurde von Firmen durchgeführt, deren Gesellschafter Kommunen, Investoren und Banken sind und somit ein Interesse an Flächenerweiterungen haben
- Das MORO Projekt berücksichtigt im Vorfeld nicht zukünftige Probleme wie Verkehr, Umwelt, Wirtschaftlichkeit. Es ist wenig zielführend zunächst einen Entwurf zu planen, wenn diese wichtigen Parameter gar nicht durchdacht und gelöst sind
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Es wird von Seiten der Verwaltung immer wieder betont, daß umfassend informiert wurde über die Ideen, den Bedarf und das Konzept. Richtig ist, daß eine Information und Kommunikation stattfindet bzw. stattgefunden hat, falsch ist, daß diese transparent, umfassend und ausgewogen ist, so daß sich die Bürgerschaft ein objektives Bild über die Gesamtsituation erstellen kann. Das bis dato vorgelegte Gutachten weist schwerwiegende Mängel auf:
- Die Berechnung von einem Bedarf in Hirschberg von bis zu 370 zusätzlichen Wohneinheiten ist nicht nachvollziehbar, wenn damals gemäß statistischem Landesamt bis 2024 die Bevölkerung nur um 60 Einwohner insgesamt wachsen würden.
- Es handelt sich um ein Wachstum älterer Mitbürger, das wurde kurz skizziert aber dennoch setzt man auf Expansion außerhalb des Ortes.
- Es wird wenig erläutert, wieviel versiegelte Freiflächen vorhanden sind und noch erschlossen werden können, auch im Kontext mit der Region. Allein in Schwetzingen gibt es z.B. ca. 43 Hektar Konversionsflächen und einen 112 Hektar ehemaligen Truppenübungsplatz der US Armee. Allein das deckt wahrscheinlich jeden Bedarf in der Region an Wohnraum.
- Es gibt keine belastbaren Aussagen zu Überbauung von Parkplätzen und anderen versiegelten Flächen in der Region, auch nicht zu wirklich belastbaren Leerstandzahlen.
- Keine Aussagen gab es zum industriellen Wandel und daß die energieintensiven Branchen wie Maschinenbau und Chemie durch die kostenintensive Energiewende in der Region mit hoher Wahrscheinlichkeit Arbeitsplätze abbauen, ins Ausland verlagern und damit auch viele Wohneinheiten frei werden.
- Fraglich ist die Zusammensetzung der Gesellschafter der Gutachter (siehe Anhang), darunter befinden sich überwiegend Kommunen und Projektentwickler sowie Baugesellschaften und Banken. Es ist somit fraglich, wie die Qualität des Gutachten einzustufen ist, von einer neutralen Untersuchung kann kaum gesprochen werden.
Ferner: warum sollte eine Kommune, die ein Ziel hat, ein Neubaugebiet zu erschließen, ein faires und transparentes Gutachten erstellen und somit eine entsprechende Untersuchung einleiten? Oder aber: ist jemals, wenn eine Kommune ein Gutachten erstellt, nicht das gewünschte Ergebnis herausgekommen?
Es sei erwähnt, das die Qualität, die Vergabe und Prüfung der Ergebnisse der Gutachten durch die Verwaltung und den Gemeinderat nicht gerade gut ist, einige Beispiele aus der Vergangenheit:
- Das Gutachten zur Wirtschaftlichkeit der Erweiterung des Gewerbegebiets wurde von einem verurteilten ehem. Mitglied der Landesregierung Schleswig Holstein erstellt. Auf der Homepage steht in einem Blog : „Flächenfraß war gestern, die Fläche ist endlich. Ein sparsamer und bewussterer Umgang mit neuen Flächen, die für gewerbliche Zwecke erschlossen werden können, muß durch konkretes Handeln aus der Welt der Seminare in das Alltagshandeln überführt werden. Die Wiedernutzung brachgefallener Gewerbeflächen benötigt neue Impulse. Ganz mutig könnte die Prüfung der Praxis sein, die in nahezu jedem Hafengebiet bei Gewerbeansiedlungen üblich ist: Grundstücke werden nur als Erbbaurecht vergeben und damit nicht auf alle Zeit dem Steuerungsinteresse der Kommune entzogen.“
Da erscheint das erstellte Gutachten, welches auch inhaltliche und qualitative Mängel aufweist und die Expansion in die Fläche befürwortet, als wenig glaubwürdig.
- Das letzte Einzelhandelsgutachten war offensichtlich in Teilen eine Kopie eines anderen Gutachtens gewesen. Genau kann man das nicht klären aber es stammt aus einem Gutachten aus der Region Neckar-Alb, ein bloßer Schreibfehler scheint unwahrscheinlich als Erklärung. Zitat S. 43, Punkt 4.5.1 Methodische Vorbemerkung „(…) Gemäß Einzelhandelserlass und letztlich auch dem REGIONALPLAN NECKAR-ALB (?) ist von einer nicht unwesentlichen Beeinträchtigung auszugehen, wenn (…)“. Dieser Punkt ist weder der Verwaltung noch den GR aufgefallen, erst als die BI darauf hingewiesen hat, wurde das Papier geändert.
- Das einzige Gutachten, welches qualitativ hochwertig war, ist das Einzelhandelsgutachten von Acocella 1). Dort wurde u.a. darauf hingewiesen, daß ein Markt außerhalb der bestehenden Ortsgrenzen wenig zielführend ist. Diesem Rat wurde nicht gefolgt.
Es wäre daher durchaus wünschenswert, wenn Gutachten erstellt werden würden, die qualitativ hochwertig, im Ergebnis offen und in der Ausführung transparent wären.
Des weiteren wären Informationsveranstaltung im Vorfeld eines Aufstellungsbeschlusses zielführender, um alle Vor- und Nachteile zu diskutieren und abzuwägen. Alle begleitenden Maßnahmen der Kommunikation sind nach Verabschiedung des Aufstellungsbeschlusses wenig handlungsfähig, da bei der Klarheit der Mehrheit für einen Beschluss kaum Chancen bestehen, massive Änderungen an dem Vorhaben vornehmen zu können. Über gute begleitende Kommunikation in solchen Verfahren, auch i.V.m. Offenlegung und Beteiligungen an einer Homepage etc. ist in der Wissenschaft und Literatur genügend publiziert worden 2), andere Kommunen können hier als Best Practice gelten. Hirschberg gehört leider nicht dazu.
Fazit:
Die Kommunikation und Information ist einseitig, wenig transparent und klärt nicht auf. Sie möchte nur das an Wissen bereitstellen, was die Mehrheiten des Gemeinderat und deren Intention untermauert.
Entwurf Areal Moro
Grds. ist das Forschungsprojekt Moro und die damit verbundenen Ideen zu befürworten, es stellt sich nur die Frage, wann der richtige Zeitpunkt ist. zielführender wäre es gewesen, erst über mögliche ungenutzte Potentiale (insbesondere im Ort), Wirtschaftlichkeit, Demographie, Umwelt, Verkehr und wirtschaftliche Entwicklung im Ort und der Region zu sprechen, um dann einen Plan zu entwickeln, wie ein Wohnareal aussehen könnte. Insofern ist der eingeschlagene Prozeß völlig falsch, denn die Bürger werden nun vor vollendete Tatsachen gestellt, die wenig modifiziert werden können. Ferner wurde im Rahmen des MORO Projektes nicht über die Auswirkungen der Größe auf dieses Areals auf die Kommune diskutiert und dokumentiert. Ein paar Beispiele:
- Wie sollen die Straßen und die Führung geplant werden, wenn ca. 300 Autos aus dem Gebiet heraus und herein fahren, Besucher, Anlieferfahrzeuge usw. nicht mitgerechnet?
- Wie sind die Auswirkungen von Verkehr und Fußgängern in dem Gebiet? Wie kommen Kinder, Alte und schwache Personen mit dem gestiegenen Verkehr klar, wo müssen Adjustierungen erfolgen und was sind die Kosten dafür?
- Wenn über sozialen Wohnungsbau entschieden wird, zumindest in Teilen, wer trägt die Kosten und wie hoch sind diese?
- Wie sind die Auswirkungen auf die Naherholung, die bei dem angrenzenden Areal ist (Felder, Wege)?
- Welche Auswirkungen ergeben sich auf die soziale Infrastruktur, was könnte diese zusätzlich kosten?
- Wie ist die Erweiterung des Angebotes bzgl. ÖPNV zu sehen?
Diese Themen können im Rahmen des Verfahrens diskutiert werden aber dann ist grds. der Spielraum enger gefaßt und Alternativen sind nicht möglich. Insofern wäre eine intensive Auseinandersetzung vorab wichtiger gewesen. Gerade das Beispiel Sterzwinkel zeigt, daß u.a. die Verkehrslösung nicht umfassend durchdacht wurde und somit zu dem prognostizierten negativen Effekten geführt hat. Dies war absehbar und auch bei Planern bekannt. Ebenso ist die Einzelhandels-Situation unbefriedigend gelöst, Märkte im Ort sind verschwunden. Leider hat man keine „Lessons Learned“ daraus gezogen.
Es scheint ferner wenig verständlich, warum insbesondere die Innentwicklung, die dort noch freiliegenden Flächen oder aber Möglichkeiten der intensiveren Nutzung der bestehenden Flächen in diesem Kontext gar nicht auf der Agenda standen. Insofern ist kaum verständlich, von flächensparender Wohnraumentwicklung zu sprechen, wenn sowohl in der Region aber auch im Ort selbst ausreichend Potentiale zunächst einmal angegangen und intensiv untersucht hätten werden können.
Des weiteren ist es unerklärlich, warum ein Parkhaus in der Mitte der Fläche stehen sollte. Die Planung scheint weder ein ästhetisches Empfinden noch einer Logik zu folgen, denn damit muß der Verkehr im Zentrum des Gebietes sein. Besser wäre ein Lösung an den Grenzen der Fläche, so daß das Zentrum verkehrsfrei ist, die Aussicht der Wohnungen nicht durch einen Parkhaus-Klotz gestört wird. Insofern ist die Planung mit allen Alternativen schon als fragwürdig zu bezeichnen. Entwürfe hätten ebenso in einer Zwischenphase den Bürgern präsentiert werden können, um so ggf. neue Ideen und Anregungen mit aufnehmen zu können. Auch das ist nicht erfolgt. So bleibt nur die Anhörung im Verfahren, welche bekanntlich wenig beeinflussen kann.
Interessant erscheint auch in diesem Zusammenhang, daß die Zusammensetzung des Beirates überwiegend aus Befürwortern besteht 3), die für eine Flächenerweiterung außerhalb bestehender Ortsgrenzen sind. Es stellt sich die Frage, warum ein derartiges Projekt, welches ja flächensparendes Bauen als primäres Ziel hat, nicht zunächst für den Ortskern durchgeführt wurde. Ob dabei es fair ist, wenn ein einziger Architekt, Mitglied des Gemeinderates, diesem Beirat angehört und dadurch ggü. anderen Architekten einen evtl. strategischen Vorteil hat, wäre im Sinne von Compliance auch ggf. in Frage zu stellen, sofern er sich hinterher an der Entwicklung beteiligen darf.
Fazit:
Die im Prinzip guten Ansätze des Projektes werden durch einen falschen Zeitpunkt negativ beeinflußt. Die Planung scheint nicht ausgereift und Anrainer sowie Bürgerschaft waren nicht ausreichend beteiligt an den Skizzen. Auswirkungen auf Verkehr, Kosten, Infrastruktur wurden nicht angesehen bzw. wenig betrachtet.
3) Siehe Anhang: Beirat Mitglieder MORO
Handelsregisterauszüge bzgl. der Beteiligungsstruktur der Firma DSK, welche sich an der Untersuchung bzgl. Wohnraumbedarf engagiert hat:
Beteiligungsstruktur DSK*
* Die 3 Birken Vermögensverwaltung GmbH gehört dem Managing Partner der BIG BAU Investitionsgesellschaft, ehem. Mitarbeiter von Morgan Stanley Real Estate und ehem. Vorstandsvorsitzender der HSH Real Estate.